Das Wort “Prinzipien” klingt so konservativ, ist es noch zeitgemäß Prinzipien zu haben? Mir kommt dann immer gleich das Wort “Prinzipienreiter” in den Kopf.
Aber ist es vielleicht auch gut in einer VUCA-Welt ein paar Prinzipien zu kennen, die einem Orientierung geben können? Über die Jahre haben sich bei mir einige Prinzipien herauskristallisiert, an denen ich mich orientiere. Die möchte ich euch heute gerne hier vorstellen.
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Go with the flow
Bedeutet, dass man sich auch mal treiben lassen darf. Nicht immer versuchen soll, stromaufwärts zu schwimmen. Wir sind ja keine Lachse, die an die Laichplatze zurückkehren müssen. Wenn einem etwas laicht, äh, leicht von der Hand geht, dann sollte man das als Signal verstehen, hier mehr von zu machen.
Früher habe ich Essen kochen als notwendiges Übel gesehen. Mittlerweile komme ich bei der Zubereitung von Mahlzeiten in einen Flow, dass das Ergebnis schon fast zur Nebensache wird. Das bedeutet, dass ich heute versuche öfter zu kochen, weil es mir einfach ein gutes Gefühl gibt. Auch wenn es länger dauert, als ein paar TK-Pizzen in den Backofen zu yeeten.
Cut your losses
Auf Deutsch in etwa: “Begrenze deine Verluste”. Bedeutet: nicht gegen etwas ankämpfen, wenn es so gar nicht funktioniert oder es sich nicht gut anfühlt. Manchmal will man krampfhaft, dass etwas funktioniert, probiert immer weiter aus, versucht den Dingen “noch Zeit zu geben”. Oder man steckt noch mehr Geld in eine Sache, die bisher nichts abgeworfen hat. Man sucht nach alternativen Lösungen, googelt sich die Finger wund oder nervt sein Umfeld, weil man Unterstützung braucht um die Sache zum Fliegen zu bringen. tl;dr; man investiert Zeit und Geld in einen “lost cause”.
Es ist vollkommen ok, eine Sache abzubrechen, wenn sie sich als Sackgasse entpuppt. Lieber nutze ich die Zeit, das Geld, die Energie, um Dinge voranzutreiben, die mir wirklich am Herzen liegen.
Beispielsweise habe ich nach etlichen Semestern mein Fernstudium abgebrochen, obwohl ich schon “kurz vorm Ziel” war. Das war keine leichte Entscheidung, aber die eingesparte Energie, konnte ich dringend für andere Ding gebrauchen.
Roll with the punches
Dieses Prinzip geht in eine ähnliche Richtung. Der Begriff stammt aus dem Boxen, bei dem ein Kämpfer seinen Körper zur Seite verlagert, um die volle Wucht des Schlags des Gegners abzuwehren. Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts war es zu einer Metapher für den Umgang mit schwierigen Umständen geworden. Wir können den Schlägen des Lebens nicht immer komplett ausweichen, aber wir können versuchen die Wucht der Treffer etwas abmildern, indem wir beweglich bleiben.
Die Stärken stärken, um die Schwächen zu schwächen
“Mein Englisch ist so schlecht!” oder “Ich kann nicht gut singen”. Viele Menschen definieren sich immer noch über die Dinge, die sie nicht gut können. Ein Ausweg: Einfach an den Sachen weiterarbeiten, die man bereits oft und gerne tut. (In denen man vielleicht sogar schon ganz gut ist) Auch hier geht es darum, nicht gegen den Strom zu schwimmen und zu versuchen, alles was man nicht kann, auf ein super Niveau zu bringen. Das müssen wir seit der Schule nicht mehr, wir können uns auf ein / zwei Themen fokussieren und darin sehr gut, quasi extraordinaire werden. T-shaped personality / Generalizing specialist sind die Stichworte.
Ich habe in den letzten Wochen einen Durchbruch gehabt, weil ich beschlossen habe meinen Content auf Deutsch zu erstellen.
Mein Englisch ist jetzt nicht wirklich mies, trotzdem fühlte ich mich blockiert, weil ich unter der Woche abends, einfach keine gescheiten Sätze mehr herausgebracht habe. Nachdem ich dann zwei Videos auf Deutsch gemacht habe, gab es kein Halten mehr.
Running Experiments
Manchmal ist es auch hilfreich Dinge, die man neu anfängt als Experiment mit unbestimmtem Ausgang zu deklarieren.
Den Trick habe ich Jurgen Appelo und seinem Celebration Grid. Egal ob das Experiment gelingt oder fehlschlägt, man lernt in beiden Fällen etwas.
Safety margin
In vielen Bereichen des Lebens ist es sinnvoll etwas Puffer einzubauen, sozusagen einen Sicherheitsabstand.
Wer seinem Vordermann ständig an der Stoßstange klebt, kracht im Zweifelsfall rein, wenn der Vorausfahrende spontan stark bremsen muss. Lieber mal nen halben Tacho Abstand lassen!
Wo lässt sich dieses Prinzip noch einsetzen:
Finanzen
Auch beim Geld kann man immer etwas Sicherheitsabstand einbauen.
Notfall-Cash in der Handyhülle, falls die Kids doch ein Eis brauchen, weil sie sich mal wieder das Knie aufgeschürft haben und die Eisdiele keine EC-Karte nimmt.
Notfall-Budget für kaputte Dinge, wenn die Waschmaschine stirbt, nachdem vor zwei Wochen die Gewährleistung abgelaufen ist.
Auf dem Girokonto dreimal die monatlichen Ausgaben liegen lassen, für den Fall, dass einen der Arbeitgeber vor die Tür setzt, weil die Unternehmensberater wieder in die Offshoring-Trickkiste gegriffen haben.
Zeitplanung
Bei wichtigen Terminen früher losfahren, meist braucht man noch einen Parkplatz, das Navi lässt einem wieder im Stich, man muss doch noch mal tanken oder steht im Stau. Je nach Wichtigkeit kann man den Puffer planen, von einfach 5 Minuten früher los als sonst bis einen Tag früher anreisen, damit man ausgeschlafen und gefrühstückt im Seminarraum sitzt statt im Roadrage.
Für den Fall, dass man doch viel zu früh aufschlägt, kann man sich ja noch ein gutes Buch in die Tasche packen.
Ich empfehle hier die Werke von Steven Pressfield.
Im zweiten Teil beschäftigen wir uns dann mit Systemen, um die Prinzipien auch umsetzen zu können.